Die Figur des "Herrn Karl"

1961 schrieben Carl Merz und Helmut Qualtinger
ein Stück österreichischer Literaturgeschichte:
„Der Herr Karl“, uraufgeführt als Fernsehfilm
und wenige Tage später auf die Bühne übersiedelt –
ein Monolog, Qualtinger auf den Leib geschrieben.

Das Leben des Herrn Karl, aus dem er erzählt,
war vom Ersten Weltkrieg bis zur Zweiten Republik
eine Apotheose von Opportunismus und Gemeinheit.
In der Nazi-Zeit mehr Mittäter als Mitläufer,
stilisiert sich Karl im nachhinein dreist zum Opfer.
Das traf einen Nerv und löste Empörung aus,
begeisterte jedoch die Kritiker im In- und Ausland.
1963 las Qualtinger den „Herrn Karl“ in den USA –
laut New York Times ein „enemy of Gemütlichkeit“.

Drei reale Personen standen dem Herrn Karl Pate:
ein Geschäftsdiener, ein Friseur im Ruhestand –
und Hannes Hofmann, der Besitzer des „Gutruf“,
eines Feinkostgeschäfts samt illegaler Ausschank.

Qualtinger sah sich mit Herrn Karl identifiziert –
ungern: „Es gibt Erfolge, die sind wie Stigmata.“